Hallo,
Ich hab doch irgendwie ein Problem mit dem Einwurf der Domestizierung. Unabhängig davon ob daraus ein körperlicher Nachtteil (was gemeinhin dann ja als Qual bezeichnet wird)
Naja es wird nicht jeder körperliche Nachteil als Qual bezeichnet. Wenn um mal ein Beispiel zu beutzen ein Fisch deutlich langsamer schwimmen kann, als seine Artgenossen, dann ist das sicher ein körperlicher Nachteil, kann in freier wildbahn sogar dazu führen, dass der Fisch eher gefressen wird als die Anderen, muss aber nicht zwingend eine Qual sein. Eine Qual würde meiner Meinung nach bedeuten, dass das betroffene Individuum sich quält. Das kann man zwar nie sicher wissen, aber im Aquarium, in dem keine Fressfeinde existieren und der Fisch schlicht nie mit Maximalgeschwindigkeit fliehen muss ist es denkbar, dass der Unterschied nie zum tragen kommt und der Fisch also in dieser Hinsicht schwer irgendetwas erleben kann und sich deswegen auch nicht quälen. Da halte ich die Annahme für einigermßen sinvoll, dass dieser körperliche Nachteil keine Qual ist.
entsteht, bedeutet Domestizierung das aus einer Zucht an einer Pflanze oder an einem Tier (oder dem Menschen) eine innerartliche Veränderung entsteht, deren Nutzen wir uns zu eigen machen.
Je nachdem, wie man Nutzen definiert kann man das so stehen lassen. Ich habe aber auch schon Definitionen gelesen, die ohne den Nutzen auskommen.
Aber noch ein paar Worte zur innerartlichen Veränderung:
Jedesmal, wenn Menschen Tiere über mehrere Generationen halten verändern sich dadurch die Gene der gehaltenen Population im Vergleich zur Wildpopulation, weil einfach ganz andere Selektionsfaktoren wirken. DIe Unterschiede Betreffen unter anderem:
- Raubtiere
In freier Wildbahn muss die Tierpopulation schnell genug, getarnt genug, ungeniessbar genug oder etwas ähnliches sein um nicht komplett gefressen zu werden. In Gefangenschaft kümmert sich da der Mensch drum dewegen können diese Faktoren genetisch etwas nachlassen. Wenn die entsprechenden Eigenschaften, wenn sie nicht gebraucht werden von Nachteil sein können werden sie sogar relativ schnell verschwinden. (Falls gewünscht kann ich da Beispiele liefern).
- Parasiten
Auch hier wird der Mensch versuchen so weit wie möglich das Problem zu eliminieren und wenn doch Parasiten auftreten, dann oft nicht die selben, die in der Natur häufig sind, wegen des anderen Lebensraumes (fehlende Zwischenwirte etc.).
-Krankheiten
Wegen der unterschiedlichen Individuendichten und dem Kontakt mit Menschen und anderen bei Menschen lebenden Organismen (Haustiere, Milben , Menschenkrankheiten etc.) und auch, weil Menschen Medikamente haben sehen hier die Selektionskriterien komplett anders aus, weil höchstwahrscheinlich nicht die selben Krankheitserreger in Wildbeständen und Haustierbeständen verbreitet sind, läuft hier die Selektion vermutlich in eine ganz andere Richtung insbesondere dann, wenn kein Kontakt zu freilebenden Populationen besteht.
-Veränderungen der Lebensbedingungen
Wer bei Menschen im Wohnzimmer lebt hat dort erstaunlich konstante Lebensbedingungen, die so nur wenige natürliche Lebensräume bieten. In der Natur schwankt die Temperatur, das Futterangebot oder die Wasserbeschaffenheit. In Freieheit ,pssen die Tiere das vertragen, oder sterben im Aquarium müssen sie das heutzutage eher nicht.
-Der Halter
Der Halter kann bei vielen Tierarten beeinflussen welche Tiere sich vermehren oder nicht. Sowohl auf ein bestimmtes Ziel hin zu selektieren, als auch nur die innerartliche sexualle selektion werkeln zu lassen haben eine Tendenz die Population genetisch von den Wildpopulationen zu entfernen.
(Falls gewünscht kann ich zu all diesen Punkten ein Beispiel angeben, dass es etwas anschaulicher macht.)
Aus diesen Gründen und weil die vom Menschen gehaltenen Populationen oft nur von einer sehr kleinen Stichprobe von Individuen aus nur einer kleinen Auswahl (oder nur einer) der Wildpopulationen abstammen werden sich Tiere (oder Pflanzen) in Menschlicher obhut immer von den Wildpopulationen genetisch wegentwickeln.
Siehe Wolf zum Hund oder die Gräser zu unserem Korn. Das kann ich irgendwie nachvollziehen, wenn man auch nicht alles gut heißen kann, man denke da an hochgezüchteter Monstereuter.
Die Monstereuter sind ein schönes Beispiel für das andere Extrem von körperlichem Nachteil. Die Rieseneuter sind sehr oft entzündet da kann man sinvollerweise davon ausgehen, dass es tatsächlich eine Qual ist. Das Problem sind die fälle, wo es nicht so eindeutig in Richtung es ist eine Qual oder in Richtung es ist keine Qual (wie bei dem Fisch mit der geringen Fluchtgeschwindigkeit) tendiert. Da bräuchte man ein sinnvolles kriterium, was eine Qual ist und was nicht.
Das ganze sollte nun aber wirklich nicht in einer solchen Diskussion hier stehen, da es z.B. bei den Parrots doch wirklich um Zuchten handelt die einzig und allein dem Ego des Menschen dienen. Hier soll reine Schönheit erzeugt werden die nur dem Zwecke der Erfreuung des Menschen dient. Schönheit liegt natürlich im Auge des Betrachters, aber das ist ja wie bei allen Sachen. Das bringt vielleicht den Nutzen der Kurzweil, ist aber sicher nicht damit gemeint.
Naja Kurzweil und Erfreuung sind ein nutzen. Aber ich finde, dass du mit dem Nutzen philosophisch auf dem falschen Weg bist, weil es wird ja nichts besser, dadurch, dass man die Tiere aufisst, oder sonst irgendetwas aus oder mit ihnen Herstellt. Wenn sich ein Tier quälen würde würde es sich ja nicht weniger quälen, wenn man es hinterher aufessen würde.
Ob ein Individuum, oder eine Ganze Zuchtform sich quält und warum ist ja eigentlich volkommen unabhängig davon, was man mit dem Tier vorhat.
Insgesamt kann man da natürlich den gesamten Bereich der Aquaristik nehmen, denn der dient im Grunde nur dazu mir mein Auge und Geist zu erfreuen.
Um mal ins Philosophische ab zu gleiten, dadurch wird sie aber nicht verwerflich, oder mangelhaft begründet oder soetwas. Meiner meinung nach sollte man zur Erzeugung von Nahrungsmitteln nicht gemeiner zu Tieren sein dürfen, als um die Tiere als Haustier zu halten.
Denn Hand aufs Herz, wer von uns rennt in den Aquariumladen und schreit nach der nächsten Fischart die bedroht ist und deren Art es gilt zu erhalten.
Also ich persönlich habe eine Art im Aquarim schwimmen die meines WIssens in Freiheit wahrscheinlich ausgestorben ist. Aber wegen der oben aufgeführten Gründe sind diese Fische nach Jahrzehntelanger Haltung beim Menschen genetisch wohl schon sehr weit von ihren Vorfahren entfernt. Ob das eine sinvolle Erhaltung ist ist auch fraglich. Es ist natürlich besser als nichts, aber würde man den Lebensraum wieder herstellen und dort unsere heutigen Aquarienfische aussetzen würde vermutlich die wenigsten überleben, eben wegen Fressfeinden (die sache mit der Schwimmgeschwindigkeit und ausserdem tut die Fütterung, die Tiere mit schlechtem Fluchtreflex fördert eben diesem möglicherweise auch nicht gut). Und auch, dass da vielelicht Parasiten und Krankheiten sind, die sie so jahrzehnte nicht gesehen haben kann ein Problem sein.
Allerdings mag man sich fragen ob wir, wenn wir unser Hobby schon betreiben, ein wenig Ehrfurcht vor der Schöpfung haben sollten und wir nicht noch mehr dort herrumpfuschen als wir es ohnehin schon tun.
Meiner meinung nach sind Populationen, die ein paar Generationen beim Menschen gelebt haben immer genetisch eine ganze Ecke von eventuell vorhandenen Wildpopulationen entfernt. Wenn man einmal angefangen hat Tiere zu halten gibt es für diese Tiere kein Zurück mehr, schon um die besser angepassten Wildpopulationen, falls vorhanden nicht, durch das einkreuzen nicht Wildnissfähiger domestizierter Tiere zum aussterben zu bringen. (Das fürchtet man könnte zum Beispiel dem europäischen Lachs passieren). Es ist also in jedem fall so, dass ganz automatisch so herrumgepfuscht wird, dass die Tiere auf jeden Fall von den Wildpopulationen getrennt werden müssen. Ein noch mehr kann ich mir da schlecht vorstellen.
Und da sollten wir vielleicht nicht mal bei den Parrots anfangen, die für mein Auge ersteinmal, sagen wir deformiert aussehen (völlig Wertfrei zu verstehen). Bei den ganzen bunten Garnelen Nach- und Umzuchten schreit auch keiner, klar sie sehen ja auch aus wie Garnelen, hübsch bunt, aber halt wie man Garnelen kennt.
Naja die im Aquarium gehaltenen garnelen haben das Aussehen, die dem Geschmack der Halter und Züchter am ehesten entspricht. Ob das jetzt die Wildfarbe ist oder eine andere macht die meiner Meinung nach ersteinmal in philosophischer Hinsicht nichts besser. Schreien ist da einfach nicht angemessen, auch wenn bei einigen Fischarten die Halter von wildfarbenen (oder wildfarbenähnlichen) Tieren dazu neigen die falsche Ansicht zu haben, dass aussehen wie die Wildform auch bedeuten würde, dass die Fische genetisch mit der Wildform identisch wären und deswegen erhaltenswert. Und wer da etwas anderes draus macht, würde ja einen weniger erhaltenswerten Stamm schaffen. Aber schon die Grundannahme dieser Überlegung halte ich wie oben geschrieben für falsch. Alle Aquarienstämme sind unnatürlich auch die wildfarbenen. Und welcher Stamm am nächsten an der Wildform dran ist lässt sich nicht an der Färbung festmachen und ist auch sowas von egal, weil sie in der Natur alle nichts verloren haben.
**** gleich folgt Teil 2 der Antwort sie ist leider länger als 10000 Zeichen ****